Herzinfarkt und Kaffeegenuss nach Myokardinfarkt
Die Befürchtung, Kaffeetrinker könnten durch den Genuss des Muntermachers ihr Risiko für einen Herzinfarkt erhöhen, ist so allgemein nicht richtig. In der großen European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC) study (Deutschland) aus dem Jahr 2012 wurde kein Zusammenhang zwischen Kaffeekonsum und Myokardinfarkt gefunden [1]. Möglicherweise gibt es sogar schützende Effekte: In einer großen koreanischen Studie aus dem Jahr 2015 zeigte sich, dass Kaffeetrinken einen Schutz vor unerwünschten Kalziumablagerungen in den Herzkranzgefäßen bietet [2].
Andererseits zeigte eine Studie aus dem Jahr 2015 nach dem Konsum von Mokka und Espresso einen leichten Risikoanstieg für einen Herzinfarkt [3]. Eine mögliche Erklärung für die unterschiedlichen Ergebnisse lieferten kanadische Forscher bereits im Jahr 2006: Sie fanden ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt durch den Konsum von Kaffee — allerdings nur bei den Individuen, die zu den „langsamen Koffeinabbauern“ gehörten [4].
Interessant ist es, sich den Einfluss von Kaffee auf das Krankheitsgeschehen nach Myokardinfarkt anzusehen. Ein schwedisch-amerikanisches Forscherteam untersuchte dies [5]: Die Wissenschaftler wollten herausfinden, ob es bei Herzinfarktpatienten einen Zusammenhang zwischen Kaffeekonsum und Mortalität nach dem Infarkt gibt. Dafür wurden die Studienteilnehmer nach ihrem Kaffeekonsum befragt. Sieben Jahre lang wurde die Mortalität verfolgt. Ergebnis: Kaffeetrinker starben im Beobachtungszeitraum seltener als Nicht-Kaffeetrinker. Dabei zeigte sich ein eindeutiger Dosis-Wirkungszusammenhang. Dass ein gewohnheitsmäßiger Kaffeekonsum das Mortalitätsrisiko nach einem Herzinfarkt senkt, fanden auch britische Forscher in einer Metaanalyse aus dem Jahr 2016 [6].
FAZIT
Für eine abschließende Beurteilung liegen noch zu wenige Daten vor. Im Hinblick auf das Infarktrisiko spricht nach der momentanen Studienlage nichts gegen einen moderaten Konsum von Kaffee, wenn man ihn gut verträgt, also beispielsweise nicht zu den „langsamen Koffeinabbauern“ gehört (siehe auch Abschnitt Blutdruck). Auch Patienten, die bereits einen Herzinfarkt erlitten haben, können, in Absprache mit ihrem Arzt, Kaffee in Maßen genießen.
- Floegel, A. et al. Am J Clin Nutr, 95(4):901–8, 2012.
- Choi, Y. et al. Heart, 101(9):686–91, 2015.
- Grioni, S. et al. PLoS One, 10(5):e0126550, 2015.
- Cornelis, M.C. et al. JAMA, 295(10):1135–41, 2006.
- Mukamal, K.J. et al. American Heart Journal, 157(3):495–501, 2009.
- Brown, O.I. et al. Coron Artery Dis, 27(7):566–72, 2016.
Herzrhythmusstörungen
Es ist bekannt, dass Koffein die Herztätigkeit anregt. Kaffee stand deshalb lange im Verdacht, Herzrhythmusstörungen auslösen zu können.Zu Unrecht, wie zahlreiche Untersuchungsergebnisse hinsichtlich der bedeutsamsten Rhythmusstörung, dem Vorhofflimmern, zeigen.
Amerikanische Wissenschaftler stellten in einer im Jahr 2011 veröffentlichten Studie mit mehr als 130.000 Teilnehmern fest, dass Kaffeetrinker seltener wegen Rhythmusstörungen in ein Krankenhaus eingewiesen werden mussten als Nicht-Kaffeetrinker [1]. In einem 2013 veröffentlichten Review mit Metaanalyse der Daten fanden die Experten keinen Hinweis darauf, dass eine langfristige Koffeinexposition mit einem erhöhten Risiko für Vorhofflimmern verbunden war [2]. Ganz im Gegenteil, wie sich auch in einer anderen Studie zeigte: Ein regelmäßiger Koffeinkonsum könnte im Hinblick auf diese häufige Rhythmusstörung sogar leicht schützend wirken [3]. Auch dänische Daten aus dem Jahr 2016 zeigten, dass ein höherer Kaffeekonsum mit einer niedrigeren Inzidenz von Vorhofflimmern verbunden war. Der Zusammenhang erwies sich als linear, bei vier bis fünf Tassen Kaffee/Tag betrug die Hazard Ratio 0.79 [4].
Selbst hohe Koffeindosen scheinen bei Patienten mit Herzinsuffizienz keinen Einfluss auf die Herzaktion zu haben. Dies zeigte sich in einer randomisierten Doppelblindstudie, an der 51 ältere Patienten mit Herzschwäche teilnahmen [5]. Sie alle besaßen einen implantierten Kardioverter/Defibrillator, der Unregelmäßigkeiten im Herzschlag aufzeichnen und im Notfall eine lebensbedrohliche Arrhythmie beenden konnte. Die Patienten erhielten über fünf Stunden jede Stunde einen entkoffeinierten Kaffee, dem in der einen Hälfte der Patienten ein Koffeinpulver (100 mg) und in der anderen ein Placebo zugefügt wurde. Es zeigte sich, dass die akute hohe Koffeindosis keinen Einfluss auf die Rate der ventrikulären oder supraventrikulären Arrhythmien hatte. Die Ergebnisse lieferten daher keinen Hinweis, dass ein erhöhter Koffeinkonsum ein akutes Risiko für die Patienten darstellen könnte, resümierten die Forscher.
Die alte Vorstellung, dass der Genuss von Kaffee Herzrhythmusstörungen auslösen könnte, wurde durch Studien bis dato nicht bestätigt, so auch das Fazit des Autors eines Reviews aus dem Jahr 2017. Die Studienergebnisse zeigten hier ebenfalls neutrale oder sogar positive Effekte des Kaffeekonsums auf den Herztakt [6].
Der mögliche schützende Effekt von Kaffee ist auch insofern relevant, als dass Herzrhythmusstörungen zu den Risikofaktoren für einen Schlaganfall gehören. Der Schutz vor Herzrhythmusstörungen könnte auch eine Erklärung für das geringere Risiko von Schlaganfällen bei Kaffeetrinkern sein (siehe Abschnitt „Schlaganfall“ in diesem Kapitel).
FAZIT
Die Annahme, Patienten mit Arrhythmien dürften keinen Kaffee trinken, konnte entkräftet werden. Ein moderater Kaffeekonsum scheint unbedenklich zu sein und hat möglicherweise sogar einen schützenden Effekt im Hinblick auf das Risiko von Herzrhythmusstörungen.
- Klatsky, A.L. et al. The Permanente, 15(3):19–25, 2011.
- Caldeira, D. et al. Heart, 99(19):1383–9, 2013.
- Cheng, M. et al. Canadian Journal of Cardiology, 30/4,448–454, 2014.
- Mostofsky, E. et al. Eur J PrevCardiol, 23(9):922–30, 2016.
- Zuchinali, P. et al. JAMA Intern Med, 176(12):1752–1759, 2016.
- Chrysant, S.G. Expert Rev Cardiovasc Ther, 15(3):151–156, 2017.
Schlaganfall
Schon seit Jahren gibt es Hinweise, dass Kaffee das Risiko von Schlaganfällen senken könnte [z. B. 1]. In einer Metaanalyse aus dem Jahr 2011 fanden schwedische Forscher einen Dosis-Wirkungszusammenhang [2]. Die Skandinavier gingen der Frage in einer weiteren Studie nach: Dafür werteten sie Daten von fast 35.000 Teilnehmerinnen der Swedish Mammography Cohort aus. Ergebnis: Frauen, die mehr als eine Tasse Kaffee pro Tag tranken, konnten ihr Risiko für einen Hirninfarkt gegenüber denjenigen, die weniger Kaffee tranken, um bis zu 25 Prozent reduzieren [3]. Die Reduktion des Schlaganfallrisikos bei den Kaffeetrinkerinnen war auch dann zu beobachten, wenn die Frauen andere Risikofaktoren aufwiesen, darunter etwa eine Form von Diabetes oder krankhaft erhöhten Blutdruck.
Im Jahr 2014 erschien eine Metaanalyse zu der Thematik. In die Auswertung flossen Daten aus 36 Studien ein [4]. Im Ergebnis zeigte sich ein U-förmiger Zusammenhang. Menschen, die überhaupt keinen Kaffee tranken, waren stärker gefährdet, einen Schlaganfall zu erleiden als diejenigen, die nur wenig Kaffee zu sich nahmen. Das geringste Schlaganfallrisiko bestand bei einem moderaten Kaffeekonsum (durchschnittlich 3,5 Tassen): Es war um 20 Prozent geringer als bei Menschen, die gar keinen Kaffee tranken. Mit zunehmendem Kaffeegenuss stieg das Risiko dann wieder leicht an. Ein höheres Risiko als bei Nicht-Kaffee-Trinkern scheint jedoch erst ab einem Konsum von neun bis zehn Tassen täglich zu bestehen.
In einer koreanischen Querschnittsstudie aus dem Jahr 2017 mit mehr als 140.000 Probanden im Alter von 40 bis 69 Jahren zeigte sich ebenfalls eine Risikoreduktion [5]. Aber dies vor allem bei Kaffeetrinkerinnen im mittleren Alter. Bei Männern fand sich kein Zusammenhang zwischen dem Genuss des Heißgetränks und dem Risiko für einen Schlaganfall.
FAZIT
Der Genuss von Kaffee erhöht das Schlaganfallrisiko nicht. Ganz im Gegenteil: Ein moderater Konsum scheint das Risiko sogar zu senken.
- Kim, B. et al. Korean J Fam Med, 33(6):356–65, 2012.
- Larsson, S.C. & Orsini, N. Americ J of Epidemiol, 174(9):993–1001, 2011.
- Larsson, S.C. et al. Stroke, (42):908–912, 2011.
- Ding, M. et al. Circulation, 11;129(6):643–59, 2014.
- Lee, J. et al. Nutr J, 16(1):7, 2017.